Mechanismen von Führung
Einer meiner Kunden, mit dem wir gerade die Unternehmensstrategie für die kommenden 2 Jahre erarbeiten, erinnert mich ungewollt immer wieder daran, wie wichtig gute Führung ist und wie wenig die vielschichtigen Mechanismen dahinter verstanden und umgesetzt werden. Das äußert sich beispielsweise durch operative Problemstellungen, die vor allem in Hochzeiten die Kapazitätsgrenzen in der Produktion sprengen, durch Selbstaufopferung der Geschäftsführung, die die Ärmel hochkrempelt, um zu helfen und durch eine Teamleiterebene, denen ihre Aufgaben in genau solchen Situationen nicht klar genug sind. Das Ergebnis: Schuldzuweisungen, Frustration und ungelöste Probleme. Aber was steckt dahinter? Und wie werden solche Herausforderungen gelöst?
Ebenen von Führung
Nicht jedes Problem ist auf mangelhafte Führung zurückzuführen, aber o.g. Beispiel gibt genügend Hinweise darauf, dass mit guter Führung zumindest ein Teil der Problemstellungen zu den Akten gelegt werden kann. Betroffen sind hier drei Ebenen von Führung. Die Unternehmensführung, die letztlich dafür sorgen muss, dass die Ressourcen des Unternehmens auch in Zeiten hoher Produktionsauslastung zielgerichtet eingesetzt werden, die Menschenführung, die die Teamleiter dazu befähigt, ihren Aufgaben in der richtigen Art und Weise nachzukommen und die Selbstführung, die dafür sorgt, dass sich die Führungskraft nicht an allen Fronten aufreibt.
Selbstführung als Ursprung guter Führung
Ich habe festgestellt, dass die drei Ebenen von Führung selten den selben Stellenwert haben. Typischerweise wird die Selbstführung, auch bekannt unter Lebensführung, ganz schnell abgehakt. Schließlich kann eine Führungskraft ja alles und das auch noch zu jeder Zeit und in jeder Situation. Dass Burnout langsam zur Volkskrankheit für Führungskräfte mutiert, ist sicher reiner Zufall. Um es auf den Punkt zu bringen: Selbstführung findet nicht statt. In meinem Beispiel gilt das für einen der beiden Geschäftsführer in besonderer Weise, der andere hat immerhin seine Vorliebe für Yoga entdeckt und nimmt seine Lebensführung nun deutlich ernster. Mich freut das ungemein. Denn eine weitere Erkenntnis habe ich außerdem gewonnen: Ohne eine saubere Selbstführung sind die anderen Ebenen von Führung gar nicht richtig adressierbar. Mit anderen Worten: Wer andere Menschen führen will, der muss das aus einer sicheren und stabilen Erkenntnis seiner selbst tun.
Menschenführung mit Selbst- und Sozialkompetenz
Die zweite Ebene dreht sich um die Führung anderer Menschen. Das ist die wohl populärste Form der Führung, der Weiterbildungsmarkt bietet Salben und Cremes aller Sorten an, um mit Mitarbeitern besser zu kommunizieren, Konflikte professioneller zu lösen oder die Zusammenarbeit auf die nächste Stufe zu hieven. Alles gut, alles richtig, aber eben nur ein Teil einer intakten Führungsebenensymbiose. Der Fokus der Weiterbildung liegt auf den Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Führungskraft, dem Werkzeugkoffer, der für jede Situation das passende Werkzeug bietet. Es geht viel weniger um Einstellungen, Werte, ernst gemeintes Interesse am Gegenüber, obwohl genau hier Schlüsselbegriffe wie Empathie die Hauptrolle spielen sollten. Menschenführung ist dann erfolgreich, wenn ich mich als Führungskraft selbst gut kenne, meine Mitarbeiter richtig einschätzen kann und sie dort abhole, wo sie stehen. Ich muss als gute Führungskraft mein Verhalten anpassen können, auf andere eingehen können und nicht nur Werkzeuge anwenden. Dann wird die Interaktion mit Menschen in jeder Situation auch gelingen.
Unternehmensführung als Führungsprozess
Schließlich gibt es noch die Ebene der Unternehmensführung. Als ehemaliger Berufsoffizier weiß ich, dass Führung der zielgerichtete Einsatz von Kräften und Mitteln nach Raum und Zeit ist. Sie ist ein ständiger Prozess und lebt von Informationen (Heeresdienstvorschrift 100/200). Damit ist einerseits die Führung von Menschen und andererseits die Führung einer (Organisations-)Einheit, z.B. eines Unternehmens, gemeint. Besonders spannend wird die Unternehmensführung, wenn man sie sich als Führungsprozess verdeutlicht. Jede Führungsaufgabe durchläuft dabei die vier Phasen Zielerkennung, Planung, Durchführung und Kontrolle, die abhängig vom Informationsfluss zu sehen sind. Typischerweise funktionieren die ersten 4 Phasen noch ganz gut, in der letzten Phase wird die Lücke im System guter Unternehmensführung geboren. Kontrolle findet nicht statt, der Führungsprozess kommt zum Erliegen und die Führungsaufgabe geht den Bach runter. Einer der Grundsätze, die ich für mich selbst beachte und jedem meiner Kunden mit auf den Weg gebe, lautet daher: Sei konsequent! Heißt im Umkehrschluss, dass Kontrolle, obwohl verpönt, dennoch ein elementarer Bestandteil eines funktionierenden Führungsprozesses ist. Und Konsequenz ist nur einer der Führungsgrundsätze, die in der Unternehmensführung eine gewichtige Rolle spielen.
Führungsmechanismen im Überblick
Es gibt drei Ebenen von Führung: Selbstführung, Menschenführung und Unternehmensführung. Sie sind allesamt gleich wichtig, aber sie folgen Ebene für Ebene aufeinander. Ohne Selbstführung keine Menschenführung, ohne Menschenführung keine Unternehmensführung. Auf jeder Ebene sind spezifische Aufgaben zu bewältigen und Probleme zu lösen. Sie setzen eine selbst-, sozial-, methoden- und fachkompetente Führungskraft voraus. Der Fokus sollte dabei auf der Ausbildung der Selbst- und Sozialkompetenz liegen. Und schließlich ist Führung auch noch prozessual zu betrachten. Jede Führungsaufgabe läuft in Phasen ab, lebt von Informationen und wird durch Grundsätze, also dem eigenen Wertesystem, begleitet. Führung ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das weiß auch mein Kunde. Nur die Umsetzung in saubere und gute Führung ist ein Weg, der erst einmal zu gehen ist.