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Digitaler Vertrieb im Dentallabor

Das digitale Dentallabor ist Wirklichkeit. Kaum jemand bezweifelt, dass die Digitalisierung die Produktion von Zahnersatz längst erreicht hat und das handwerkliche Schaffen sinnvoll ergänzt und erleichtert. Selbst in der Administration ist u.a. der digitale Datenaustausch zwischen Praxis und Labor fest in den Köpfen der Verantwortlichen verankert. Und im Vertrieb? Da läuft alles wie bisher. Die Betreuung von Bestandskunden und die Akquise von neuen Kunden stützen sich wesentlich auf das persönliche Engagement einzelner. In Zeiten von Corona finden vor-Ort-Besuche zwar eingeschränkter oder gar nicht statt, ein Umdenken in Richtung eines digitalen Vertriebs bleibt trotzdem die Ausnahme. Eine Analyse der Ausgangssituation inklusive Anregungen für einen harmonisierten Vertrieb im Dentallabor.

Digitaler Vertrieb geht Hand in Hand mit persönlichem Vertrieb

Genauso wie die digitale Produktion von Zahnersatz nicht ohne menschliches Dazutun funktioniert, gibt es Elemente im vertrieblichen Prozess eines Dentallabors, die zwingend von einem Vertriebsverantwortlichen zu begleiten sind. Kein Zahnarzt kauft individuellen Zahnersatz inklusive Serviceleistungen, ohne den Dienstleister zu kennen und Vertrauen zu ihm aufgebaut zu haben. Digitaler Vertrieb, der ohne menschliche Hilfe auskommt, ist im B2B Kontext, also auch zwischen Zahnarztpraxis und Dentallabor, derzeit undenkbar. Was im B2C Geschäft heute nicht mehr wegzudenken ist und vollkommen ohne menschliche Schnittstelle funktioniert, z.B. der Kauf von Consumer-Produkten im Onlinehandel, ist im Bereich komplexer Produkte und Leistungen, zu denen auch Zahnersatz nebst Dienstleistungen gehört, nur „hybrid“ möglich. Hybrid heißt, dass digitale und menschliche Schnittstellen zum Kunden oder denen, die es noch werden sollen, nebeneinander koexistieren und Hand in Hand gehen. Digitaler Vertrieb ist also als Ergänzung und Entlastung zum persönlichen Vertrieb zu sehen und nicht als Ersatz.

Wann digitaler Vertrieb, wann persönlicher Vertrieb?

Es ist also die Frage zu klären, welche Schritte im vertrieblichen Prozess sinnvollerweise digital und welche „analog“ sein sollten. Zur prozessualen Betrachtung der Kundenkommunikation bietet die AIDA Formel einen guten Anhalt. Das erste A steht für Attention und bedeutet, dass die Aufmerksamkeit des (potenziellen) Kunden für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu erregen ist. Im klassischen Sinne sind die Mittel für diesen Schritt beispielsweise die postalische Versendung eines Flyers, das Schalten einer Anzeige in der lokalen Presse oder eben der persönliche Vertrieb durch den Außendienst des Dentallabors. Genau hier wäre die Digitalisierung des Vertriebs möglich und sinnvoll. Die Reichweite eines digitalen Mediums wird die Reichweite des persönlichen Vertriebs um Längen schlagen. Ein interessant gestalteter Post auf Facebook wird durch Liken und Teilen Aufmerksamkeit bekommen, der elektronische Newsletter des Labors wird in Bruchteilen der Zeit seine Empfänger erreichen und zum nächsten Handlungsschritt animieren. Damit wären wir auch schon beim I, dem Interest oder Interesse, das Aufmerksamkeit in Interesse verwandeln soll. Das ist elektronisch kein Hexenwerk, denn ein Button oder ein Link, der weitere interessante Informationen verspricht, sind als Handlungsmöglichkeiten schnell und einfach eingerichtet. Im klassischen Vertrieb wäre hier eine zweite Aussendung des Flyers oder das Nachtelefonieren der ersten Aussendung denkbar und möglich, aber deutlich zeitaufwendiger. Das D in AIDA steht für Desire, also dem Verlangen das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich kaufen zu wollen. Spätestens jetzt sind analoge und digitale Welt gedanklich gleichauf, denn das digital erzeugte Interesse kann in einer menschlichen Kommunikation hinterfragt, konkretisiert und vorangetrieben oder digital weiterverarbeitet werden. Letzteres würde ggf. einen Online-Shop voraussetzen, damit das Wunschprodukt fertig konfiguriert in den Warenkorb gelegt werden kann. Zukunftsmusik, aber denkbar. Eher wahrscheinlich sind z.B. Webmeetings, bei denen sich Praxis und Labor vor der Kamera treffen und die beworbene Leistung besprechen. Hybride Ansätze lassen grüßen. Schließlich folgt noch das zweite A in AIDA, die Action, also der Kauf der Ware. Ein Prozessschritt, der digital und analog möglich ist und eine logische Folge der aufgebauten Klimax der ersten drei Schritte ist.

Der Vorteil durchgehender Kundenkommunikation

Im Einzelfall sind die Ausgangsvoraussetzungen für den digitalen Vertrieb von Labor zu Labor zu bewerten. Während ein Labor bspw. stark auf persönlichen Vertrieb setzt und eine nicht interaktive Webseite sowie keine sozialen Medien mit in den digitalen Vertrieb einbringen kann, setzt ein anderes Labor auf den Einsatz von Facebook & Co., hat eine moderne Webseite, verzichtet aber weitestgehend auf persönlichen Vertrieb zu Akquisezwecken. In beiden Fällen ist ein harmonisierter, hybrider Vertrieb nicht ohne weiteres möglich. Im Sinne des digitalen Vertriebs hat das zweite Labor zwar die Nase vorn, aber wenn die digitalen Vertriebsaktivitäten nicht nachgehalten werden können, ist der Wert der digitalen Maßnahmen eher gering. Vertrieblich ist also ein durchgehender Prozess der Kommunikation mit Kunden unglaublich wichtig, der von der ersten Aufmerksamkeit bis zum Kaufabschluss alle Kundenwünsche befriedigen kann, digital und/oder persönlich. Ein Flickenteppich an digitalen Maßnahmen ist nur eingeschränkt hilfreich, wenn er zusammengesetzt nicht jeden Schritt eines Kunden abbilden kann. Ein Facebook Konto macht also nur dann Sinn, wenn es in einen Vertriebsprozess eingebettet werden kann und nicht „standalone“ fungiert.

Digitaler Vertrieb beginnt im Kopf

Die grundsätzliche Herausforderung in der Etablierung des digitalen Vertriebs im Dentallabor besteht aber nicht in den unterschiedlichen oder fehlenden digitalen Ausgangsvoraussetzungen oder der mangelnden Durchgängigkeit vertrieblicher Prozesse, sondern beginnt in den Köpfen der Verantwortlichen im Labor. Digitaler Vertrieb gehört, obwohl es das sollte, i.d.R. nicht zu den Kernthemen der Laborlenker. Digitaler Vertrieb hat allenfalls nachgeordneten Projektcharakter, so dass zwar Facebook-Auftritte oder interaktive Webseiten entstehen, aber z.B. keine Ressourcen vorgehalten werden, um aus den gut gemeinten Projekten einen Mehrwert generieren zu können. Digitale Flickenteppiche ohne Einbettung in ein Vertriebskonzept sind eben nur eingeschränkt hilfreich. Und Vertrieb muss Teil der Unternehmensstrategie sein. D.h., dass zunächst eine strategische Entscheidung für den digitalen Vertrieb erfolgen muss, dass das Thema auf die Agenda der Meilensteine für die Zukunftsfähigkeit des Labors hebt und alle Verantwortlichen aus voller Überzeugung an einem Strang ziehen lässt. Erst jetzt sollten entsprechende Projekte aufgesetzt werden, um die Strategie umsetzen. Mit einem großen Wurf lässt sich der digitale Vertrieb allerdings nicht erledigen, weil die Ausgangsvoraussetzungen im Dentallabor in vielen Fällen auf den persönlichen Vertrieb ausgerichtet sind und damit Erfahrungen und Erkenntnisse rund um die Digitalisierung des Vertriebs nicht vorliegen und genutzt werden können. Ein Schritt nach dem anderen ist eine gute Vorgehensweise, natürlich eingebettet in einen Vertriebsprozess. Häufig empfiehlt sich dabei der Blick auf die eigene Webseite, die im digitalen Vertrieb als Dreh- und Angelpunkt der Vertriebsaktivitäten dient. Eckpunkte wie Responsivität, Interaktion und Ausbaufähigkeit sollten dabei die klassisch statische Webseite ablösen.

Corona-Krise und die Auswirkungen auf den digitalen Vertrieb

Die letzten Monate haben dem persönlichen Vertrieb klare Grenzen aufgezeigt. Besuche in Zahnarztpraxen fanden, egal aus welchem Grund, nur noch sehr vereinzelt und unter Einhaltung von klaren Verhaltensregeln statt. Vertriebliche Arbeit im direkten Gespräch mit dem (potenziellen) Kunden war nahezu unmöglich. Mit Blick in die Zukunft werden uns die Auswirkungen der Pandemie noch Monate begleiten. An eine einfache Rückkehr zur vor-Corona-Vertriebsarbeit ist derzeit nicht zu denken; Alternativen müssen geschaffen werden, um den Zugang zum Kunden nicht zu verspielen, aufgebautes Vertrauen zu konservieren und dem Wettbewerb keine Schlupflöcher zu bieten. Der digitale Vertrieb bietet genau diese Alternativen, weil er kontaktlose Interaktion ermöglicht und die Präsenz des Labors auch in schwierigen Zeiten unterstreicht. Im Prinzip wirkt die Corona-Krise wie ein Brandbeschleuniger für den digitalen Vertrieb, weil plötzlich Webmeetings für Kundengespräche oder Weiterbildungen genutzt werden, technische Kundenbetreuung per Videochat stattfindet und über soziale Medien Informationen aus dem Labor mit der Außenwelt geteilt werden. Wenn die digitalen Hilfsmittel dann Teil eines Vertriebsplans und nicht als Corona-Notlösung betrachtet werden, hat die Krise auch einen positiven Effekt. Sie bringt den digitalen Vertrieb auf die Tagesordnung der Laborverantwortlichen und sorgt dafür, dass der vertriebliche Blick zukünftig persönliche und digitale „Touchpoints“ zulässt. Digitales Experimentieren ist erlaubt, denn keiner hat fertige Konzepte für die Bewältigung der Krise in der Schublade liegen. Dass Experimente auch Fehlschläge bringen können, ist unter Erfahrung abzubuchen. Wer aber glaubt, dass eine vor-Corona-Vertriebsform ohne digitale Ableger auch in Zukunft Bestand haben wird, der reagiert zu starr auf die zwischenmenschlichen Entwicklungen.

Das moderne Dentallabor ist digital. Und digitaler Vertrieb ist ein elementarer Teil der Digitalisierung. Corona hat seinen Teil dazu beigetragen, dass der digitale Vertrieb in den Fokus der Laborverantwortlichen rückt und nicht mehr wegzudenken ist. Kleine Schritte und Experimente sind erlaubt, so lange sie im Kontext einer (digitalen) Vertriebsstrategie erfolgen. Digitale Flickenteppiche bieten keinen Mehrwert. Digitaler und persönlicher Vertrieb gehen Hand in Hand, ergänzen sich, sind symbiotisch. Und in der Geschäftsbeziehung zwischen Zahnarztpraxis und Dentallabor ist ein harmonisierter, hybrider Vertrieb Garant für unternehmerischen Erfolg. In diesem Sinne: Starten Sie Ihre digitale Vertriebsoffensive!

Dieser Fachartikel wurde in der Quintessenz Zahntechnik in Ausgabe 11/2020 auf den Seiten 1248 – 1251 veröffentlicht.

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